91 % aller Menschen geben an, dass Regeneration und Erholung ihr vorrangiges Wohnbedürfnis ist. Kein anderes Bedürfnis erreicht nur annähernd diesen Wert. Sehen wir uns viele Wohnungen an, so könnte man jedoch bezweifeln, ob diese Erholung wirklich möglich ist.
Sich zu Hause ausreichend erholen zu können, schützt vor Überforderung, Überlastung und vor Burn-out. Leider wird häufig zu wenig darauf geachtet. Leider wissen viele nicht, wie durch erholsame Gestaltung ein Schutzschild gegen das Erschöpfungssyndrom aufgebaut werden kann. Daher ist unser Vorschlag: Nehmen Sie Ihr Zuhause unter die Lupe, entfernen sie Stressfaktoren und beginnen Sie einer erholsamen Raumgestaltung mehr Gewicht zu geben.
Die Bedeutung von Erholung zuhause wird noch dringlicher, wenn Sie hochsensibel sind
Hochsensible Menschen zeichnen besonders empfindliche Sinneswahrnehmungen und eine spezielle Begabung in der Wahrnehmung von Stimmungen aus. Dieses Talent können diese Menschen nutzen, um in verschiedenen Gebieten wie der Kunst oder im sozialen Bereich Höchstleistungen zu vollbringen. Sie leiden jedoch auch stärker unter Belastungen und reagieren häufiger mit Stresssymptomen oder auch Burn-out.
Sehr Empfindsame zeichnen sich dadurch aus, dass sie stärker auf Umweltreize reagieren. Sie haben eine ausgeprägte, detailreiche und subtile Wahrnehmung und erleben die Eindrücke der Umwelt sehr intensiv. Damit reagieren sie stärker auf Stressfaktoren aus der Umwelt. Besonders Lärm und Beengung wirken sich stark auf das Wohlbefinden von hochsensiblen Menschen aus. Sehr feinfühlige Menschen können sehr kreativ sein, leiden aber auch mehr unter Unstimmigkeiten, Konflikten und Reizüberflutung.
Lt. Forschungen sind ca. 15 bis 20 % aller Menschen sehr empfindsam. Das ist wesentlich mehr, als ich persönlich vermutet hätte. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass sich feinsinnige Personen unter Belastungen zurückziehen und weniger in der Öffentlichkeit vertreten sind, und sie sind leiser.
Doch was hat dies mit dem Wohnen zu tun? Hochsensible reagieren auf Unstimmigkeiten in der Wohnumwelt stärker als andere Menschen. In der Wohnung kann dauerhafte Stressbelastung für die betroffenen zu einem wirklichen Problem werden.
Was sollten hochsensible Menschen beim Wohnen berücksichtigen?
Doch was hat dies mit dem Wohnen zu tun? Hochsensible reagieren auf Unstimmigkeiten in der Wohnumwelt stärker als andere Menschen. In der Wohnung kann dauerhafte Stressbelastung für Reizempfindliche zu einem wirklichen Problem werden.
Da die Intensität der Informationsaufnahme höher ist als bei anderen Menschen, stoßen Hochsensible früher an ihre Schmerzgrenze. Eine Überstimulation an Reizen kann in der Tat Schmerzen verursachen, denn bei Überlastung wehrt sich der Körper. Unwohlsein, muskuläre und nervliche Anspannung sind andere Symptome der Überreizung des Nervensystems. Hochsensible benötigen viel Zeit, um Erlebtes zu reflektieren, darüber nachzudenken, oft endlos zu grübeln. „70 Prozent von uns sind introvertiert und situationsbedingt häufig auf dem Rückzug. Dadurch werden wir oft als scheu und gehemmt eingestuft. Dabei sind die meisten von uns mindestens ebenso kontaktbedürftig wie alle anderen“, sagt Georg Parlow (2006), der als Hochsensibler ein Buch zum Thema geschrieben hat und die Internetseite „zart besaitet“ betreibt.
Hochsensible können beim Wohnen folgendes berücksichtigen:
Vermeiden Sie dauerhafte Stressbelastungen
Lärmempfindlichkeit ist eine der Hauptindizien dafür, dass ein Mensch als hochsensibel gilt. Viele Hochsensible erleben Lärm als körperlichen Schmerz. Diese Sensibilität kann sich jedoch auch auf alle anderen Sinneswahrnehmungen beziehen. So wirkt sich auch eine visuelle Überstimulation wie grelles Licht stark auf das Wohlbefinden aus. In einer Studie wurde außerdem festgestellt, dass empfindsame Mütter stärker unter Chaos in der Wohnung leiden als normalsensible.
Durchforsten Sie Ihre Wohnung hinsichtlich Stressfaktoren wie Lärm, schlechte Akustik, zu starke Unordnung, harte und raue Oberflächen bzw. spitze Kanten usw. Jeder Stressfaktor, den Sie beseitigen können, trägt zu ihrem Wohlbefinden bei.
Schaffen Sie Plätze der Geborgenheit
Geborgenheit ist ein psychisches Erleben, das für alle Menschen wichtig ist. Dies gilt für Hochsensible jedoch in einem besonderen Ausmaß, weil diese Zeit brauchen, in der sie die Reize der Außenwelt wegschalten können. Wenn Sie sich in Ihrem Zuhause einen besonderen Platz gestalten, der Geborgenheit ausdrückt und Ihnen die Möglichkeit zum Rückzug gibt, wo kommen Sie diesem Bedürfnis entgegen. Folgende Gestaltungsmerkmale tragen zur Geborgenheit bei:
- Blickschutz – das Gefühl nicht von anderen beobachtet zu werden
- Überblick und Weite – zu erkennen, was draußen vorgeht, bietet meist ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit
- Positive Raumform, in der Wände und Decken als Grenze erlebt werden
- Verwendung von weichen Materialien, die Sie gerne angreifen
Schaffen Sie Plätze der Erholung
Plätze der Geborgenheit sind meist auch Plätze der Erholung. Einige Aspekte können noch berücksichtigt werden, um den Erholungseffekt zu verstärken. Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben die erholsame Wirkung der Natur eindrucksvoll belegt. Es sind jedoch bestimmte Merkmale der Natur, auf die man achten sollte. So ist etwa Faszination ein wichtiger Aspekt von Erholung. Bilder der Natur, die gleichzeitig faszinieren, können einen persönlichen Erholungsplatz stark bereichern. Weitere Aspekte von Erholung finden Sie in den Artikeln zur Rubrik „gesunde Lebensräume“.
Finden Sie die richtigen Farben
Warme, aber nicht zu kräftige Farben haben das Potential, das Geborgenheitsempfinden zu stärken. Natürlich ist die Farbgestaltung immer etwas sehr Individuelles. Nachdem sehr empfindsame Personen ein gutes Gespür für feine Nuancen haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie Farben finden werden, die ihr Wohlbefinden stärken.
Privatheitsregulation in der Wohnung
Im Wohnbau gilt: die Wohnung ist privat, die Straße ist öffentlich und dazwischen sollte es Übergangsbereiche geben. Sind diese Übergänge zu abrupt, so fühlen sich die meisten Menschen, und besonders die Hochsensiblen, nicht sehr wohl. So ist etwa ein öffentlicher Weg, der zu nahe im Blickfeld einer privaten Wohnung vorbeiführt, ein Störfaktor für die Bewohner. Meistens wird dann mit Blickschutzmaßnahmen reagiert. Eine weitere Möglichkeit wird oft weniger bedacht. Indem Sie die Übergänge individuell und privat gestalten, entsteht eine stärkere Grenze zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich. Lassen Sie mich dies an einem Beispiel erklären:
Bei einer Laubengangerschließung einer Wohnung ist der Laubengang (halb)öffentlich und die Wohnung privat. Was fehlt ist der halbprivate Übergang. Indem Sie den Eingangsbereich (von innen und von außen) persönlich gestalten, wird dieser Übergang weicher und fließender. Die Wohnung innen wird damit auch stärker als privat erlebt.
Vermeidung von medialer Reizüberflutung
Mediale Reizüberflutung ist für Kinder besonders problematisch. Für hochsensible Kinder kann dies sehr problematisch werden. Wenn Sie als Elternteil ebenso veranlagt sind, sollten Sie die Möglichkeit in Erwägung ziehen, dass es auch Ihre Kinder sind, weil Hochsensibilität angeboren und nicht erworben ist. Zumindest der Fernsehkonsum kann durch die richtige Platzierung eingeschränkt werden. Geben Sie dem Fernseher keinen zentralen Standort in der Wohnung! Man kann einen Fernseher auch mit einfachen Mitteln verstecken. Eine Schiebewand im Fernsehkasten etwa erfüllt diese Funktion sehr gut.
Wohnen für hochsensible Kinder
Hier noch einige Empfehlungen für den Fall, dass Sie hochsensible Kinder haben:
Geborgenheit entsteht durch räumliche Faktoren aber auch die Anwesenheit und die Nähe von vertrauten Menschen. Besonders Kinder brauchen Sicherheit durch Kontakt. Hier haben Raumplaner, die mit dem Konzept Bauen für Geborgenheit arbeiten, Ideen verwirklicht, die diesem Bedürfnis stark entgegenkommen. Im Aufenthaltsraum einer Wohngruppe für krisenbelastete Kinder wurde ein Podest in ca. 1,70 m Höhe eingebaut. Kinder, die sich dorthin zurückziehen, können von unten nur gesehen werden, wenn man die Leiter ein Stück hinaufsteigt. Dieses Podest ist mit geschwungenen Ratanstäben nach unten abgegrenzt. Damit besteht die Möglichkeit der Kontaktaufnahme durch das Kind, das sich dorthin zurückgezogen hat.
Vor allem im Konfliktfall hat sich dieser Einbau besonders bewährt. Die Kinder können sich zurückziehen, ihre Privatheit schützen, sich beruhigen, haben aber trotzdem die Möglichkeit, mitzubekommen, was unten vor sich geht und was die anderen zu dem Konflikt sagen. Mit diesem Podesteinbau können Kinder den Schutz durch Rückzug optimal mit dem Schutz durch Kontakt verbinden und die Privatheit durch Rückzug und Kontakt selbst regulieren.
Verstecke haben für Kinder eine beinahe magische Qualität. Die Möglichkeit, sich im Wohnbereich zu verstecken, ist eine Bereicherung für alle Kinder.
Schlafbereiche für Kinder
Für Kinder sind häufig die normalen Raumproportionen nicht passend und entsprechen nicht ihrem Sicherheitsempfinden. Besonders kleine Kinder brauchen ein Bett als Raum im Raum, um hier wirklich die nötige Geborgenheit empfinden zu können.
Was bedeutet dies: Indem das Bett eine Nische im Raum darstellt und die Raumhöhe durch Einbauten unterbrochen wird, kann die Raumproportion dem kindlichen Maßstab und dem kindlichen Empfinden angepasst werden. Verwendet man dazu noch weiche Materialien und warme Farben, so kann die Schlafqualität besonders von den Kindern verbessert werden, die gelegentlich unter Ängsten leiden.
Für hochsensible Menschen sind die Gestaltungsmittel passend, die das Stressniveau herabsetzen und die Erholungsqualität verbessern. Besonders wichtig sind dabei die Raumformen, Farben, Natur, Geborgenheit, Lichtqualität usw.
Autor: Herbert Reichl