Für viele Menschen endet der Traum vom gemeinsamen Nestbau in einer saftigen Beziehungskrise. Vor allem beim Hausbau ist die Gefahr, dass das Verbindende verloren geht, sehr groß. Konflikte dominieren häufig diese Lebensphase und Trennungen sind durchaus nicht selten. Doch auch beim alltäglichen Zusammenleben von Paaren sind Konflikte, die sich zu einer Beziehungskrise entwickeln können, durchaus an der Tagesordnung. Oft sind es dann Kleinigkeiten, wie die oft zitierte „Zahnpastatube“, um die gestritten wird. Wieso entstehen beim gemeinsamen Wohnen so häufig Konflikte und wie schafft man es, dass man glücklich zusammenleben und wohnen kann?
Herausforderung zusammenwohnen: Wie Wohnkonflikte entstehen
Jedem Konflikt liegen Bedürfnisse zugrunde. Konflikte entstehen nur, wenn sich (scheinbar) zwei Bedürfnisse entgegenstehen. Konfliktlösung entsteht immer dann, wenn beide Bedürfnisse in einer annehmbaren Weise erfüllt werden können. Häufig versperrt sich dieser Lösungsweg, weil die Erfüllung des einen Bedürfnisses scheinbar die Erfüllung des anderen Bedürfnisses ausschließt. Nicht anders sieht es beim Wohnen aus.
Ein Paar möchte ihr Wohnzimmer neugestalten und dazu etwas Farben in ihr Wohnen bringen. Sie liebt Grüntöne, er liebt trendiges Grau und sie können sich bei der Betrachtung der Farbkarte nicht einigen, was hier wohl die bessere Farbe sein soll. Lösen können wir diese Situation, indem wir zu beiden Farbwünschen die dahinterstehenden Bedürfnisse betrachten. Wir sollten also wissen, was jeder der beiden mit den Farbwünschen verbindet und warum er/sie hier gerade diese Farbe verwenden würde. Dies klingt einfacher als es ist. Wir sollten uns also fragen, wieso wir gerade diese Farbe verwenden wollen, dann sind wir beim dahinter liegenden Bedürfnis. Wird dieses Bedürfnis kommuniziert, dann entstehen Lösungen.
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In der Verliebtheit gibt es keine Konflikte
Doch gehen wir wieder ein Stück zurück und schauen unser Paar überhaupt zum gemeinsamen Wohnen gekommen ist. Sabine und Martin (so nennen wir unser Paar) haben sich vor 4 Jahren kennen gelernt und auf Anhieb toll verstanden und auch verliebt, wie es halt so passiert. Nach einiger Zeit entstand der Wunsch zusammen zu wohnen. Nachdem keiner der Beiden eine optimale Wohnung hatte, machten sie sich daran eine Eigentumswohnung zu suchen, die auch für die geplanten Kinder passt. Sie genossen diese Zeit, wo sie gustierend die verschiedenen Angebote durchcheckten, und überall tolle faszinierende Details entdeckten. Schließlich entschieden Sie sich für eine Dreizimmerwohnung in einem großzügigen Design. Sie waren sich sehr einig, dass dies die beste Lösung für Ihr geplantes gemeinsames Leben ist.
Nach einiger Zeit des Wohnens kamen aber auch die Nachteile dieser Wohnung zum Vorschein. Eine Terrasse fehlte leider aus Kostengründen, und für ihn war die Gestaltung zu bieder. Nach und nach wuchs die Unzufriedenheit nicht nur mit der Wohnung, sondern auch mit dem Partner, weil dieser meist die gegensätzlichen Wünsche hegte.
(Mögliche) Ursachen von Konflikten
Gehen wir nun noch etwas zurück in der Geschichte der Beiden, in ihre Kindheit, so sehen wir, dass Sabine in einem Einfamilienhaus mit großem Garten aufgewachsen ist und Martin in einer Mietwohnung in einer sehr dichten, aber modernen Wohngegend. Diese Tatsache hat beide geprägt und die Vorstellungen vom guten Leben und Wohnen in bestimmte Richtungen gelenkt. Sie liebt die Freiheit jederzeit ins Grüne (Garten) zu gehen, er liebt die Freiheit sich jederzeit den Hobbys zu widmen und nicht Gartenarbeit machen zu müssen, wenn es mal gar nicht passt.
Das Bedürfnis hinter den Wünschen erkennen und kommunizieren
Sabine und Martin hatten den Wunsch die Spannungen, die zwischen Ihnen entstanden sind, zu lösen und besuchten ein Paarseminar. Hier ging es um Konflikte, um Bedürfnisse und um Kommunikation. Bei einer Übung erkannten Sie, dass ihre unterschiedlichen Bedürfnisse sehr stark mit ihrer unterschiedlichen Kindheit bzw. mit der Wohnsituation in der Kindheit zu tun hatten und verstanden damit auch gut, wieso der Partner so und nicht anders empfindet.
An diesem Punkt liegt der Schlüssel zum Verständnis und zur Verständigung, welche dann auch zur Lösung alltäglicher Konflikte führt.
Sabine und Martin haben nun die Information, wo die Wünsche Ihrer Partner herkommen, und welches Bedürfnis dahintersteckt, bei Sabine das Bedürfnis nach Naturnähe und bei Martin das Bedürfnis nach einer modernen Gestaltung. Hier gibt es kein richtig oder falsch, weil jedes Bedürfnis für sich gesehen bedeutsam ist. Wenn sich zwei Bedürfnisse dann in der Umsetzung nicht ergänzen lassen, so liegt die Lösung darin, in der Wohnung Zonen zu schaffen, die unterschiedlich gestaltet sind.
Individuelle Bedürfnisse und gemeinsame Bedürfnisse
Wir sehen also Bedürfnisse können sehr verschieden sein, auch dann, wenn man ursprünglich auf derselben Wellenlänge schwamm. Bedürfnisse haben immer eine Bedeutung und sind für die jeweiligen Menschen wichtig, um sich wohlzufühlen. Daher verläuft bei Planen und Wohnen eine Planung anders als üblich. In einer Bedürfnisanalyse werden zunächst die individuellen Bedürfnisse beider Partner besprochen und dann eine gemeinsame Linie gesucht wird. Diese wird in einem Planungskonzept festgehalten. Nur wenn die Bedürfnisse jedes Einzelnen klar sind, können auch gemeinsame Bedürfnisse formuliert werden. Mit diesem Vorgehen können wir aktuelle Konflikte des Wohnens lösen und beim Hausbau, spätere Konflikte vermeiden.
Einen gemeinsamen Paarbereich gestalten
Mit dieser Vorgehensweise können Sie auch Ihr Zusammenleben mit dem Partner verbessern und ev. einen gemeinsamen Paarbereich gestalten, der Ihnen als Paar dient und sich vom Familienleben abgrenzt.
Autor: Herbert Reichl