Fast jede zehnte Frau ist von einem Lipödem betroffen. Bei dieser Störung der Fettverteilung am Körper ist vor allem die untere Körperhälfte betroffen. Die Körperfettablagerungen in oder an den Oberschenkeln und am Po werden im Volksmund als "Reiterhosen" bezeichnet und können bei den Betroffenen schwere physische oder psychische Belastungen durch die unproportionierte Figur hervorrufen. Eine regelmäßig angewandte Therapie kann Beschwerden eindämmen und das Erscheinungsbild deutlich verbessern. Sie ist auch deswegen unbedingt notwendig, um andere Erkrankungen wie ein Lymphödem oder Gelenksabnutzungen, die als Folgeerscheinungen auftreten können, einzudämmen. Aber was ist ein Lipödem genau und was kann man dagegen tun?
Was ist ein Lipödem?
Der Begriff Lipödem setzt sich aus den griechischen Wörtern „lípos“ (Fett) und „oídma“ (Schwellung) zusammen. Er beschreibt eine chronische und auch oftmals schmerzhafte Fettverteilungsstörung. In erster Linie sind davon Hüften, Gesäß und Oberschenkel betroffen. Manchmal auch Oberarme oder Unterschenkel. Unter anderem kann ein Lipödem durch eine Hormonumstellung ausgelöst werden, z. B. durch:
- die Pubertät
- eine Schwangerschaft
- die Wechseljahre
- eine Störung des Testosteronhaushalts bei Männern
Frauen sind viel häufiger von einem Lipödem betroffen als Männer. In Deutschland sind es ungefähr 9,7 Prozent aller Frauen (Quelle: „Prävalenz des Lipödems bei berufstätigen Frauen in Deutschland“ (Lipödem-3-Studie), M. Marshall (Tegernsee/Planegg); C. Schwahn-Schreiber (Venenzentrum Elbe-Weser, Otterndorf), Phlebologie 3/2011, Schattauer Verlag). Man geht aber von einer höheren Dunkelziffer aus, da die Indikation in der Diagnose oft mit Adipositas verwechselt wird. Vor allem junge Mädchen leiden oft sehr unter der unüblich proportionierten Figur. Fesseln, Hände und Füße sind von einem Lipödem nicht betroffen. Es wird vermutet, dass die Erkrankung genetisch bedingt und vererbbar ist. Über die wahre Ursache der Schmerzhaftigkeit und möglichen Ödembildung wird in Fachkreisen viel diskutiert und die Ärzte sind sich jedoch noch nicht im Klaren.
Wie kommt es zur Ödembildung?
Ob das Lipödem überhaupt Ödeme aufzeigt oder nicht wird, wie schon vorher angedeutet, in Fachkreisen intensiv diskutiert. Die gängigste Annahme ist die, dass es zu Einlagerungen von Flüssigkeit im Gewebe kommt. Dies nennt man Ödem. Durch das Ödem ist das Lymphgefäßsystem überfordert. Es ist für den Transport von Gewebeflüssigkeit zuständig.
Oftmals ist die Fettverteilungsstörung sehr schmerzhaft. Die betroffenen Bereiche sind hoch empfindlich auf Berührungen und Patienten entwickeln schon bei kleinen Stößen blaue Flecken oder Blutergüsse. Der Schmerz wird als dumpf, schwer und drückend empfunden. Das durch den Lymphstau verhärtete Gewebe kann sich "knorpelig" anfühlen. Bilden sich Wülste an den Oberschenkelinnenseiten, kann es sein, dass die Innenschenkel beim Gehen aneinander scheuern. Das kann das Ausüben eines stehenden Berufes sehr unangenehm und problematisch machen.
Lipödem: Symptome und Beschwerden erkennen
Eine ausgeprägte Lipödem-Erkrankung kann sich anhand folgender Anzeichen bemerkbar machen:
- Fehlverteilung des Fettgewebes (Disproportion)
- Druck- und Berührungsschmerz
- Neigung zu Blutergüssen (Hämatomen)
- angeschwollene Beine
Es wird vermutet, dass es eine hormonelle Störung ist. Das Übergewicht ist oftmals ein zweites Problem vieler Betroffener. Das macht die Diagnose so schwierig. Eine Gewichtsabnahme unterstreicht die Disproportion der Figur. Die Symptome und Beschwerden in den betroffenen Körperstellen können aber durch manuelle Lymphdrainagen, das Tragen von Kompressionsstrümpfen und regelmäßiges Schwimmen oder Nordic Walking verbessert und gelindert werden.
Behandlung – Was kann ich gegen ein Lipödem tun?
Die fünf Hauptsäulen der Ödembehandlung sind:
- manuelle Lymphdrainage
- Kompressionstherapie (Bandage und Kompressionsstrümpfe)
- Entstauungsgymnastik (Yoga, Schwimmen, Pilates, Nordic Walking)
- Hautpflege
- Selbstmanagement
Zusammengefasst nennt man alle fünf Punkte eine komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE). Diese Form der Behandlung wird in den meisten Fällen von den Krankenkassen übernommen. In der ersten Phase geht es vor allem um die Entstauung an den betroffenen Körperregionen.
- Lymphdrainage hilft dem Lymphgefäßsystem, überschüssige Lymphe abzutransportieren.
- Spezielle Entstauungsgymnastik stärkt die Muskeln an den Beinen und sorgt so für ein strafferes Gewebe.
- Kompressionsbandagen werden eingesetzt, um den Rückfluss zu unterstützen und um das Ergebnis nach der Lymphdrainage zu halten. Hier ist besonders die Qualität der Produkte wichtig.
Bandagen und Kompressionsstrümpfe
Die zweite Phase ist die Erhaltungsphase. Hier geht es vor allem darum, die Ergebnisse aus der ersten Phase zu erhalten. Vor allem das Tragen von Kompressionsstrümpfen hilft dabei, den Behandlungserfolg aus Lymphdrainagen, Sport und gezielten Bandagen aufrecht zu erhalten.
Kompressionsstrümpfe werden vom Arzt verordnet, sobald die betroffene Extremität von Phase 1 optimal entstaut ist. Der Kompressionsstrumpf trägt zur Unterstützung und Erhaltung des Behandlungserfolges bei. Damit sie perfekt sitzen und optimal wirken können, werden sie meist nach Maß angefertigt. Eine große Auswahl an Funktionszonen, Farben und Designs, wie farbige Schließnähte machen das Tragen der Strümpfe im Alltag einfacher und attraktiver. Vor allem für Nacht- und Ruhephasen gibt es ebenso spezielle Produkte, die idealerweise atmungsaktive Materialien enthalten und den Körper somit auch in einer ruhigeren Phase unterstützen.
Pflege für die Haut
Da die Haut durch das tägliche Tragen der Kompressionsversorgung stark beansprucht wird, ist es wichtig, die Haut speziell zu pflegen. Spezielle Pflegeserien glätten und beruhigen die Haut unter den Kompressionsstrümpfen. Durch die Schwellung im Gewebe gelangen wichtige Nährstoffe nicht mehr an die betroffenen Hautstellen. Das kann zu trockener und rissiger Haut führen. Nährende und reparierende Pflegestoffe aus Olivenöl, Aloe Vera und Menthol unterstützen die Regeneration der Zellen und versorgen sie mit Feuchtigkeit und Vitaminen. Das schützt auch vor Infektionen.
Was ist ein Lipödem nicht und wie kann es noch behandelt werden?
Die Ursachen der unregelmäßigen Fettverteilung bei einem Lipödem sind noch nicht ausreichend erforscht. Mit Adipositas kann ein Lipödem jedoch nicht gleichgesetzt werden, oftmals ist jedoch Adipositas ein verstärkendes Element des Lipödems und viele Lipödem-Patienten haben eine Adipositas Komponente.
Eine weitere Behandlungsmethode ist eine Fettabsaugung, die Liposuktion. Das erste Ziel der Liposuktion ist es, Bewegungseinschränkungen und Schmerzen zu reduzieren. Studien zeigen, dass sich das Ergebnis einer Liposuktion für ca. acht Jahre halten lässt, dann verschlechtert sich der Zustand wieder. Je jünger und gesünder die Patienten sind, desto erfolgreicher lässt sich ein Lipödem durch einen chirurgischen Eingriff behandeln. Allerdings gibt es auch eine Risiken bei der Liposuktion, diese sollten nicht außer Acht gelassen werden. Es wird empfohlen, chirurgische Behandlungen in Kombination mit der konservativen Behandlung durchzuführen.