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Nach dem Amoklauf mit 17 Toten an der Douglas High School in Florida am 14. Februar diesen Jahres sprach ein amerikanischer Familienvater ein Thema an, dass in der Diskussion um Waffen und Schießereien bislang unterging: Alle Amokläufer, ob an Schulen oder anderen Orten, sind männlich. Auch Frauen gehen in den USA auf den Schießstand und sammeln halbautomatische Waffen und die berüchtigte NRA hat viele weibliche Mitglieder. Aber der maximale Ausdruck von Gewalt, der Zivilisten überhaupt möglich ist, ein Amoklauf mit zahlreichen Toten, wird immer von einem Mann oder männlichen Jugendlichen durchgeführt.
Während die Frauenbewegung und die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, die sie ausgelöst hat, uns inzwischen mit dem Begriff „starke Frau“ als Selbstverständlichkeit vertraut gemacht haben, sind wir Männer immer noch auf der Suche nach einer Definition unserer selbst und unserer ureigenen Kraft, die ausgewogen ist und Aspekte der Sensitivität und der weiblichen Qualitäten in uns integriert. Wenn wir „starke Frau“ hören, assoziieren wir das nicht mit einer maskulinen Frau, sondern mit Kraft als einer eigenen Qualität einer Frau, völlig in Einklang mit ihrer Weiblichkeit. Der Begriff des sensitiven Mannes hat weniger Selbstverständlichkeit. In dieser Hinsicht der Integration von Kraft und Sensitivität sind wir Männer im Allgemeinen in der Entwicklung hinter den Frauen zurück.
Äußere und innere Kraft in der Kampfkunst
In den ganzheitlichen Kampfkünsten, die auf eine spirituelle Entwicklung des Menschen ausgerichtet sind und nicht auf martialisches Gebaren, wird zwischen äußerer und innerer Kraft folgendermaßen unterschieden:
- Äußere Kraft ist die Fähigkeit, Widerstand zu überwinden
- Innere Kraft ist die Fähigkeit, seine Kraft zu organisieren, damit sie immer weniger Widerstand überwinden muss.
Wir Männer neigen sehr stark dazu, äußere Kraft als wesentliches Kriterium dafür zu sehen, wie kraftvoll wir uns fühlen. Wie viele Liegestütze schaffen wir, wie viel Gewicht heben wir im Fitnessstudio, wie gut geht unsere Karriere voran? Doch diese Art von Kraft, auch wenn sie sicher ihren Platz im Leben hat, hat zwei wesentliche Begrenzungen:
- Äußere Kraft als überwiegendes Kriterium dafür, sich kraftvoll zu fühlen, kann uns hart machen, im emotionalen und körperlichen Sinn.
- Äußere Kraft, vor allem auf der Ebene des Körpers, nimmt im Alter ab, was zu einem Konflikt mit dem natürlichen Prozess des Lebens führen kann.
Einseitiges körperliches Training für äußere Kraft führt leicht zu Verletzungen und der Gesundheitszustand ehemaliger Leistungssportler im reiferen Alter ist zumeist eher schlecht. Ich habe einmal einen früheren Olympiasieger in der Leichtathletik sagen hören, dass Schmerzmittel als Normalität akzeptiert werden müssen, wenn man wirklich in der Weltklasse mitmischen will. Aber all die langfristigen Gesundheitsschäden, die endlosen Dopingskandale im Spitzensport oder die völlig entarteten Geldbeträge, die bei Transfers von Fussballspielern gezahlt werden, ändern kaum etwas an der Faszination von Männern mit Spitzenleistungen. Ich kann dies alles gut nachvollziehen, denn die Faszination mit Leistung im Sinne der äußeren Kraft ist auch in mir als Veranlagung vorhanden. Genau hier liegt meiner Ansicht nach ein Schwachpunkt in der Sozialisation von uns Männern.
Während Frauen seit Jahrzehnten die Ausgewogenheit ihrer inneren Qualitäten erforschen und dies durch den gesellschaftlichen Spiegel der früheren Unterdrückung der Frau und die immer erfolgreicher werdende Emanzipation auch gefördert wurde, sind wir Männer auf der Suche nach einem neuen Männerbild oft recht alleine. Aggression und Gewalt als hilflose, völlig übersteigerte Ausdrucksformen dieser Suche nach einer ausgewogenen Definition von Männlichkeit sind zwar Extreme, aber auch wenn viele Männer von Güte und humanen Wertvorstellungen durchdrungen sind, ist der Amokläufer trotzdem auch für diejenigen von uns, die nicht zu solchen Extremen neigen, einfach eine Erinnerung daran, dass wir als Männerkollektiv gefordert sind. Die Definitionen der inneren Kampfkünste von äußerer und innerer Kraft können eine wertvolle Orientierungshilfe sein.
Ein Weg zu innerer Kraft
In manchen traditionellen Schulungswegen für Lebensenergie und Bewusstsein, in denen es auch Überschneidung mit innerer Kampfkunst gab, wurden konkrete körperliche Übungen vermittelt, mit denen man den Unterschied zwischen äußerer und innerer Kraft unmittelbar erleben kann. Diese Körperübungen sind nämlich ihrer Natur nach mit äußerer Kraft nicht wirklich zu bewältigen. Da man aber zunächst fast nur äußere Kraft als Referenzpunkt für fordernde Körperübungen kennt, setzt man diese zunächst ein, um festzustellen, dass es auf diese Weise sehr anstrengend ist. Dann kommt manchmal der Punkt, an dem man loslässt und ein Zugang zu innerer Kraft für zugänglich wird. Auf einmal wird die Bewegung leicht und fließend, weil man nicht mehr versucht, Widerstand zu überwinden. Weniger Aggression im Sinne von weniger Anstrengung, um Widerstand zu überwinden und wir haben auf einmal viel mehr Kraft. So erkennt man einen interessanten Grundsatz:
Eine Körperübung ist nur anstrengend, wenn man sich anstrengt. Man kann aber die gleiche Bewegung ausführen und Intensität ohne inneren Kampf erleben und das ist nicht anstrengend.
Wenn dies nicht mehr nur ein philosophisches Prinzip ist, dass sich im Tao te King oder auf einem Glückskeks gut macht, sondern körperlich erlebt wird, kann dies eine wertvolle Hilfe sein, auch im Leben allgemein den Weg von äußerer zu innerer Kraft zu finden. Innere Kraft hat dabei zwei großartige Vorteile:
- Sie fördert Entspannung und innere Harmonie, während übermäßige Aggression sie eher verschließen. Insofern sind Ergebnisse im Üben der inneren Kraft ein gutes Feedback zum inneren Zustand
- Innere Kraft kann im Alter zunehmen, da sie nicht die athletische Kraft ist, die wir vom Sport kennen.
Lu Zijian war ein Meister verschiedener Künste der Kultivierung innerer Kraft. Er lehrte bis zum Alter von 118 Jahren und verstarb 2012 mit 119 Jahren. Als er bereits über 100 Jahre alt war, besuchte ihn Frank Bruno, ein ehemaliger Weltmeister im Schwergewichtsboxen. Lu Zijian war vielleicht 1,60 m groß und sehr dünn, Frank Brune, damals Ende 30, war 1,93 m groß und wo 110 kg mit einer austrainierten Muskulatur. Frank Bruno sagte nach einer Übungsstunde bei Lu Zijian, dass er in einem Kampf gegen diesen gütig lächelnden Großvater keine Chance hätte. Einen Mann wie Lu Zijian wird man aber nie in einer brutalen Sportart wie Boxen erleben, weil ein Mann, der seine innere Kraft kennt, ein solches Kräftemessen nicht braucht.
Innere Kraft in der Praxis lernen
Aus den Methoden, die u. a. Lu Zijian und viele andere erprobt und gelehrt haben, habe ich in den letzten 10 Jahren ein Trainingsprogramm zusammengestellt, das auf einer sehr körperlichen Ebene innere Kraft zugänglich macht. Im Gegensatz zu traditionellen Methoden, die oftmals etliche Stunden Übung pro Tag verlangen, ist diese Programm mit einem realistischen Zeitaufwand von viel beschäftigen Menschen realisierbar.
In diesem Training erfahren Menschen die Bio–Elektrizität ihres Körpers als Kraftquelle, deshalb nenne ich es auch „Ausbildung zum bio–elektrischen Gesundheitsberater“. Die Möglichkeiten, andere Menschen in gesundheitlichen Fragen auf der Basis einer kultivierten inneren Kraft zu beraten, sind vielfältig, aber es gibt auch viele Teilnehmer, die nur für ihren eigenen inneren Selbsterforschungsprozess teilnehmen. Nach meinen bisherigen Kenntnissen sind die in dieser Ausbildung vermittelten Methoden ein wertvoller Beitrag in der Erkundung innerer Kraft, weil sie direkt und schnell reale Erfahrungen ermöglichen.