Bei Menschen, die unter einem Lymphödem leiden, ist das Lymphgefäßsystem in seiner Funktion eingeschränkt. Beine, Arme oder andere Körperteile schwellen an und erschweren den Alltag. Die bisher beste und wirkungsvollste Behandlung der Lymphabflussstörung ist die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE). Hierbei werden die Ödeme durch Lymphdrainage und dem Tragen von speziellen Kompressionsverbänden oder Kompressionsstrumpfversorgungen reduziert bzw. das entstaute Ergebnis erhalten und der Lymphabfluss in seiner natürlichen Funktion unterstützt. Bei einer konsequenten Anwendung können Patienten mit einem Lymphödem, trotz der teilweise großen Einschränkung und Herausforderung, ein fast normales Leben führen. Wie die Behandlung bei einem Lymphödem aussieht, erfährst du hier.
Warum ist eine Lymphödem Behandlung so wichtig?
In den meisten Fällen tritt ein Lymphödem als Begleiterscheinung von Operationen, Verletzungen oder anderen Traumata auf. Ist die Schwäche angeboren, spricht man von einem primären Lymphödem. Sowohl das primäre als auch das sekundäre Lymphödem tritt meist bei Frauen auf, jedoch auch Männer können davon betroffen sein. Beim Lymphödem sieht man beispielsweise bei 100 Betroffenen 87 Frauen und 13 Männer. Die Beschwerden treten selten schon im Kindesalter auf. Lediglich das primäre Lymphödem kann sich schon im Baby- bzw. Kindesalter zeigen.
Ein erworbenes, sekundäres Lymphödem, zeigt sich zum Beispiel nach einer Krankheit, einer Verletzung oder etwa einer Strahlentherapie als Folge einer Krebserkrankung. Viele der Betroffenen müssen ihr ganzes Leben lang mit den Auswirkungen der gestörten Lymphgefäße leben und nur einige wenige profitieren von einer der möglichen Lymphoperation. Die komplexe physikalische Entstauungstherapie kann die Symptome sehr gut behandeln und den Patienten Lebensqualität zurückgeben, wird sie ernsthaft betrieben.
Unter Druck: Therapie eines Lymphödems
Ist eine Diagnose erfolgt, wird meist so schnell wie möglich mit der Behandlung begonnen. Sie kann je nach Intensität und Art der Beschwerden auch stationär erfolgen. In ca. zwei bis sechs Wochen wird das betroffene Gewebe durch die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie KPE behandelt und entstaut. Die konservative Therapie läuft folgendermaßen ab:
- Manuelle Lymphdrainage (MLD), die in der Entstauungsphase so oft wie möglich durchgeführt wird. Hier wird durch manuelle Massage und Drainage die gestaute Gewebsflüssigkeit in Abflussrichtung bewegt.
- Nach der Lymphdrainage wird eine Kompressionsbandagierung mit Kurzzug, Langzug und Polstermaterialien angelegt. Idealerweise bleibt der Kompressionsverband über Nacht angelegt.
- Spezielle Bewegungstherapie kann mit angelegten Kompressionsbandagen oder Kompressionsstrümpfen erfolgen. Durch Bewegung wird der Lymph- und Blutfluss angeregt, wodurch der Druck der Kompressionsstrümpfe oder Kompressionsbinden verstärkt wird. Auch spezielle Wassergymnastik, Nordic Walking, Yoga oder andere gelenkschonende Bewegungsformen unterstützen und stärken das Gewebe im Bereich des Ödems.
- Da es in manchen Fällen durch das Ödem zu schmerzhaften, entzündlichen Hautveränderungen kommen kann, ist eine sorgfältige Fuß- und Hautpflege sehr wichtig. Spezielle Pflegeprodukte versorgen die strapazierte Haut an den betroffenen Stellen und erleichtern das Tragen von Kompressionsstrümpfen über längere Zeit.
- Eine gesunde Ernährung kann die Behandlungserfolge zusätzlich unterstützen.
Phase I - Entstauungsphase: In der ersten Phase ist das Ziel, die betroffenen Extremitäten optimal zu entstauen.
In der Erhaltungsphase ist die Schwellung bereits reduziert, im besten Fall so weit wie möglich zurückgebildet. Mit dem regelmäßigen Tragen von Kompressionsstrümpfen (Flachstrickversorgung, Wechselversorgung) werden die Ergebnisse der Entstauung erhalten. Da das Lymphödem sich meist fluktuierend verhält, also das Ödem schwankt und nicht stabil bleibt, unterzieht man sich einem immer wiederkehrenden Prozess der Entstauung und Erhaltung.
Symptome der Erkrankung
Ist eine Schwellung an den Gliedmaßen, an der Brust, am Kopf oder manchmal auch an den Genitalien festzustellen und verschwindet sie auch nicht mehr (etwa beim Hochlagern der Beine), kann der Arzt untersuchen und diagnostizieren, ob es sich um ein angeborenes oder erworbenes Lymphödem handelt. Gemeinsame Symptome können sein:
- der betroffene Körperteil schwillt an und ist sichtlich prall mit Flüssigkeit gefüllt. Die Schwellung fühlt sich teigig an.
- Stemmer-Zeichen (die Haut am Fußrücken lässt sich nicht als Falte abheben)
- Dellenneigung bei Druck (bei langem und festen Eindrücken der Haut bleibt eine Delle)
Diagnose und Bestimmung des Schweregrades
In der Anamnese wird die Krankengeschichte eines Patienten genau betrachtet. Auch die Familiengeschichte wird nach eventuellen angeborenen Lymphödemen oder typischen Erkrankungen, die eine Lymphstauung mit sich bringen können, untersucht. Weitere mögliche Ursachen sind:
- Wundrose (Erysipel)
- Thrombosen
- Ulcus cruris (offenes Bein)
- Insektenstiche
- Strahlentherapie oder die Entnahme von Lymphknoten bei einer Krebsoperation an der Brust oder im Unterbauchbereich.
Bei der Untersuchung mit Ultraschall, MRT oder Lymphangiographie und Abtasten der Haut wird auch das Stadium, in dem sich das Lymphödem befindet, festgestellt. Am Anfang ist es noch möglich, die Schwellung durch Hochlagern der Beine abklingen zu lassen. Im späteren Stadium geht das nicht mehr. Die verschiedenen Stadien sind:
- Latenzstadium: Obwohl das Lymphgefäßsystem geschädigt ist, gibt es oftmals noch keine Beschwerden. Eine Behandlung in diesem frühen Stadium kann das Fortschreiten verhindern und eine rasche Verbesserung bewirken.
- Stadium I: Hier kommt es schon zu einer Ansammlung proteinreicher Flüssigkeit in den Zellzwischenräumen. Kleine, lokal begrenzte, weiche Schwellungen können durch Hochlagern abklingen.
- Stadium II: Das Ödem bildet sich durch Hochlagern nicht mehr zurück und die Haut ist hart und lässt sich möglicherweise nicht mehr eindrücken (Dellbarkeit).
- Stadium III: Die Schwellung ist extrem. Das Gewebe ist hart (fibrotisch) und durch warzenförmige Wucherungen gekennzeichnet. Die Haut ist anfällig für tiefe, schlecht heilende Wunden.