Während die weibliche Menopause ein bekanntes und gut erforschtes Gebiet ist, mit dem sich Frauen bewusst auseinander setzen, sind die Wechseljahre des Mannes, auch Andropause genannt, noch wenig thematisiert. Sie spielen sich anders ab, als die Wechseljahre der Frau und haben nicht die gleiche einschneidende Wirkung in die Zeugungsfähigkeit, wohl aber tiefgreifende Wirkungen auf die Gesundheit und die Psyche des Mannes.
Hormone im Wandel während der Wechseljahre
Zu den natürlichen Prozessen des Älterwerdens gehört ein Rückgang der Produktion etlicher Hormone. In einem gewissen Maß ist dies unproblematisch und ermöglicht vielleicht auch einen anderen Blick auf das Leben, eine Wandlung von testosterongetriebenem Ehrgeiz zu mehr Reflektion darüber, was wirklich zufrieden macht und generell mehr Sanftheit und Stille im Leben. Ebenso wie die Menopause von vielen Frauen auch als Geschenk erlebt werden kann, können auch Männer dem Hormonwandel durchaus positive Seiten abgewinnen.
Generell unterstützt eine gesunde Lebensweise mit Auszeiten in der Natur ohne Smartphone, naturbelassenen Nahrungsmitteln, sinnvollen Körperübungen und familiären und sozialen Bindungen eine bereichernde Andropause. Doch das moderne Leben bewirkt häufig auch zwei Prozesse, die sich sehr ungünstig auf die reduzierte Hormonproduktion auswirken:
- Der Rückgang der Hormonproduktion ist quantitativ einfach zu stark, was depressive Stimmungen, stark verringerte Stressresilienz und verringerte Selbstheilungskräfte des Körpers zur Folge haben kann.
- Die Produktion einiger spezifischer Hormone geht deutlich stärker zurück, als die anderer und es entsteht ein Ungleichgewicht, das Krankheiten und psychische Probleme verursachen kann.
Hormonmangel allgemein
Was den Punkt 1 betrifft, so gibt es zwar viele Faktoren, die dazu führen können, dass die reduzierte Hormonproduktion in der Andropause zu stark ausfällt. Doch in der heutigen Zeit gibt es dafür einen ursächlichen Faktor, der in einem extremen Ausmaß zugenommen hat: Plastik und seine Begleitstoffe wie Weichmacher und Phtalate. Mikroplastik findet sich inzwischen im Gletschereis auf Grönland, weit von jeglicher Zivilisation, in der menschlichen Nahrungskette sowieso und natürlich in einem alarmierenden Ausmaß im menschlichen Körper.
Die Produktion von Hormonen ist ein aufwändiges Geschehen, das über viele Zwischenstufen verläuft, bis ein spezifisches Hormon gebildet ist und das muss dann meistens auch noch zu weiteren Hormonen oder Hormonderivaten umgewandelt werden. Jeder Schritt in diesem komplexen Geschehen muss von einer Vielzahl von Enzymen, Zink, Magnesium, Silizium und anderen katalytischen Substanzen begleitet werden und jeder dieser Schritte kann leider sehr effektiv blockiert werden durch Bisphenole, die zu den verbreiteten Weichmachern in Plastik zählen, sowie durch Phtalate, die ebenfalls von Plastik abgegeben werden. Die Zunahme an hormonellen Problemen bei Männern ab Mitte 40 in der heutigen Zeit hat viel mit der allgegenwärtigen Plastikverschmutzung zu tun. Doch für dieses Problem gibt es drei gute Lösungsansätze:
- Offensichtlich ist eine Reduktion von Plastik sinnvoll. Kleidung aus Plastik ist nicht nur eine große Belastung für die Meere, weil mit einer Waschmaschine voll mit Synthetik–Kleidung bis zu 18 000 Partikel Mikroplastik ins Abwasser gelangen, es ist auch eine wirklich unnötige Belastung des Körpers. Synthetische Kleidung tut weder der Haut gut, noch dem Organismus insgesamt.
- Eine Nutzung effektiver Phytosubstanzen, die die schädlichen Wirkungen von Weichmachern und Bisphenolen aufheden. Das Flavonoid Chrysin, das in der Passionsblume vorkommt, hat diesbezüglich die am besten nachgewiesenen Wirkungen.
- Intermittierendes Fasten regt die Produktion bestimmter regenerativer Hormone deutlich an. Wer in einem 24-Stunden-Zyklus 16 Stunden ohne Nahrung gestaltet, produziert z. B. deutlich mehr HGH, das Wachstumshormon, das für den ausgewachsenen Menschen so wichtig für den Erhalt von Muskelmasse und Knochendichte und zur Heilung von Mikro–Verletzungen in Gelenken und Faszien ist.
Ungleichgewichte im Hormonhaushalt
Neben der generellen Reduktion des Hormonhaushalts treten in der Andropause auch vermehrt Ungleichgewichte in der Hormonproduktion auf. So kann es z. B. vorkommen, dass Männer, die Sport treiben und sich gesund ernähren, ausreichend Androgene, also DHEA und die verschiedenen Testosteron–Varianten produzieren, aber die Produktion an Progesteron in den Keller geht. Progesteron ist ein für die männliche Gesundheit lange unterschätztes Hormon. Zwei seiner Folgeprodukte aktivieren den GABA–Rezeptor, der ganz wesentlich zu einer positiven Stimmung und Lebensbejahung beiträgt. Nicht umsonst zielen einige Psychopharmaka auf eine Stimulation des GABA–Rezeptors ab. Eine zu stark reduzierte Produktion an Progesteron ist ein wichtiger Faktor in der Entstehung von Stimmungsschwankungen, Depressionen, Burnout und einer geringeren Stressresilienz.
Natürlich gibt es viele weitere mögliche Ungleichgewichte in der Produktion an Hormonen. Manche Androgene können zu niedrig ausfallen, unter den Hauptgruppen der Östrogene, Östron, Ostradiol und Östriol kann es ungünstige Verschiebungen geben, die dann z. B. das Krebsrisiko erhöhen. Ein Mangel am „Schlafhormon“ Melatonin kann neben der Erholungsqualität des Schlafs auch die Regeneration von Geweben mindern, weil Melatonin auch das stärkste körpereigene Antioxidans ist.
Maßnahmen gegen Hormon–Ungleichgewichte
Wenn Männer ab Mitte 40 unter deutlichen Einbußen an körperlichem und psychischem Wohlbefinden leiden, kann es sich lohnen, eine umfassenden Hormonstatus durch einen Bluttest bestimmen zu lassen. Die drei oben erwähnten Maßnahmen sind natürlich auch grundlegend sinnvoll, wenn ein oder einige Hormone besonders stark im Mangel befindlich sind. Zusätzlich kann es dann auch hilfreich sein, bioidentische Hormone zu nutzen. Sehr viele Medikamente zur Behandlung hormoneller Probleme enthalten keine echten Hormone, sondern hormonähnliche Substanzen, die den großen Nachteil aufweisen, nicht wie echte Hormone abgebaut zu werden. Bioidentische Hormone werden aus pflanzlichem Diosgenin hergestellt, so wie der Körper die meisten Hormone aus Cholesterin herstellt. Diese bioidentischen Hormone werden wie körpereigene Hormone abgebaut und wirken sich somit positiv auf die gesamte gesundheitliche Situation aus. Eine wachsende Anzahl von Ärzten und Heilpraktikern arbeitet inzwischen mit bioidentischen Hormonen, was eine sehr positive Entwicklung darstellt.
Prophylaxe ist immer das Beste
Ein gesunder Lebenstil zur Unterstützung einer gesunden Hormonproduktion ist natürlich die beste Grundlage, gut durch die Andropause zu kommen. Ich erlebe es häufig so, dass wir Männer gefordert sind, den sehr maskulinen, zielstrebigen und äuerlich kraftvollen Anteil in uns mit Rezeptivität, Sinnfindung und Stille auszugleichen. Die Psyche wirkt sich ja auch auf die Hormone aus, diese Wechselwirkung verläuft in beide Richtungen.
Ein umweltbewusstes Verhalten u. a. mit einer Reduktion von Plastik im Alltag ist sowohl ein Ausdruck der reflektierenden und rezeptiven Seite in unserem inneren Wesen wie auch eine gute Prophylaxe für unsere ganz eigene Gesundheit.
Stille zuzulassen und uns in unserer Definition als kraftvoller Mann auch immer wieder neu zu finden, ist in der auf Leistung fixierten modernen Welt sicher ganz ausgesprochen wichtig.