Kaum jemand ist auf Dauer gerne allein. Studien zeigen, dass Einsamkeit ähnlich negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat wie Rauchen oder Übergewicht. Das Risiko, an Depressionen zu erkranken, steigt bei einsamen Menschen erheblich. Dabei darf man das Gefühl der Einsamkeit nicht mit dem Alleinsein verwechseln. Hier gibt es Tipps und Wege, wie du einsamen Menschen helfen kannst oder deine Einsamkeit selbst überwindest.
Wenn Einsamkeit krank macht – Depression als mögliche Folge?
Die Corona-Krise trägt wesentlich dazu bei, dass sich immer mehr Menschen einsam fühlen und eine innere Leere spüren. Durch Social Distancing und die Einschränkung sozialer Kontakte sind viele Menschen immer öfter allein.
Schon in der ersten Phase der Corona-Krise sollen die Anrufe bei Telefonseelsorge-Hotlines um mehr als 25 % gestiegen sein. Einer der häufigsten Gründe für einen Anruf sind Einsamkeit, eine innere Leere oder die Angst vor dem Alleinsein.
Großbritannien hat seit 2018 ein eigenes Ministerium für Einsamkeit. Dass sich sogar auf politischer Ebene darum gekümmert wird, hat einen Grund. Denn Studien zeigen, dass Einsamkeit sehr große Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser emotionales Wohlbefinden hat. Dabei sollte man Einsamkeit nicht unbedingt mit dem Alleinsein verwechseln. Denn wie viele Kontakte ein Mensch braucht, kann sehr unterschiedlich sein. Einige mögen ihre Freunde dauernd um sich haben, während anderen ein kurzes Gespräch reicht, um sich nicht einsam zu fühlen. Wieder andere ziehen sich bewusst zurück und möchten alleine sein, um dem stressigen Alltag zu entfliehen. Es muss also nicht unbedingt bedeuten, dass jemand leidet und eine Leere verspürt, wenn er allein ist. Andererseits kannst du dich selbst in einer Gruppe mit anderen Menschen oder auch in Beziehungen und Partnerschaften einsam fühlen.
Wie entsteht Einsamkeit?
Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl. Du fühlst dich schlecht und traurig, empfindest eine innere Leere, wenn du alleine bist. Während Alleinsein eine bewusste Entscheidung eines Menschen ist, basiert einsam zu sein nicht auf Freiwilligkeit. Nicht die An- und Abwesenheit von anderen Menschen ist schuld, dass jemand sich einsam fühlt, sondern die mangelnde Wertschätzung und Beachtung durch andere Menschen.
Wer lange einsam ist, leidet oft an depressiven Phasen. Einsam zu sein kann auch Teil einer Depression sein. Einsamkeit ist aber keine eigenständige Erkrankung, sondern kann als Symptom entweder für sich stehen oder eine Depression begleiten. Dass Menschen einsam sind oder werden, hat in vielen Fällen mit Kontrollverlust zu tun. Es gibt aber viele Gründe, warum sich jemand im Leben einsam fühlt:
- Veränderungen: Ob beruflich oder privat – Veränderungen können einsam machen. Dazu gehören etwa ein Jobwechsel, ein Umzug in eine neue Stadt oder der Verlust eines geliebten Menschen. Vor allem in Trauer-Phasen kann es passieren, dass du dich bewusst von anderen Menschen isolierst und in eine depressive Phase oder gar eine Depression abdriftest. Das wiederum führt zu einem Teufelskreis, den man überwinden muss.
- Diskriminierung: Wer sich anders wahrnimmt als die anderen, neigt eher dazu, sich einsam zu fühlen. Wer beispielsweise in sozialen Kreisen verkehrt, die nicht zum eigenen Leben passen, oder von gesellschaftlichen Normen abweicht, kann sich ebenfalls ausgegrenzt fühlen. Dazu gehören beispielsweise queere Menschen, die wegen ihrer Sexualität diskriminiert werden, Übergewicht und vieles mehr.
- Stress im Beruf: Menschen, die in ihrem Beruf besonders viel leisten müssen, fühlen sich oft physisch und emotional erschöpft, wenn sie nach Hause kommen. Wer im Leben wenig Zeit und wenig Energie hat oder gar kaum einen Sinn darin sieht, seine sozialen Beziehungen zu pflegen, kann auf längere Sicht ebenfalls leicht in die Einsamkeits-Falle abrutschen.
- Digitalisierung: Der Grund, warum sich auch immer mehr junge Menschen einsam fühlen, liegt oft in der Digitalisierung unserer Gesellschaft. Das Leben findet in den "sozialen Medien" statt. Die Kommunikation geschieht hauptsächlich auf größere Distanzen und nicht in "echt". Die Sucht nach "Likes", die Angst, etwas zu verpassen, und die unrealistischen Schönheitsideale, aber auch Verschwörungstheorien können die Psyche negativ beeinflussen. Zwischenmenschliche Beziehungen leiden darunter, da sie kaum mehr belastbar sind. Die Menschen werden unzufrieden und einsam, es entsteht eine innere Leere. Nicht selten führt ein Leben in der sozialen Scheinwelt des Internets in depressive Verstimmungen oder gar in eine Depression und die Betroffenen sehen dann kaum mehr Sinn im Leben.
- Alter: Ältere Menschen fühlen sich in ihrem Leben häufiger allein. Aufgrund sozialer und gesundheitlicher Veränderungen oder nach dem Verlust des Lebenspartners isolieren sich viele ältere Menschen oft nicht ganz freiwillig. Dazu kommt eine eingeschränkte Mobilität, die es mit der Zeit umso schwieriger macht, die sozialen Kontakte zu pflegen.
Wie erkenne ich Einsamkeit?
Wer einsam ist, fühlt sich in Gedanken mit anderen nicht verbunden. Diese Personen haben das Gefühl, dass andere Menschen in ihrem Umfeld, wie beispielsweise der Partner oder Freunde, ihre emotionale Einsamkeit nicht verstehen. Oft versuchen sie, ihre Einsamkeit mit dem Knüpfen oberflächlicher Beziehungen z. B. über soziale Medien zu kompensieren. Weil sich die Betroffenen aber so immer weniger mit den Mitmenschen in ihrem engeren Umfeld austauschen, entsteht ein noch stärkeres Gefühl der sozialen Isolation, die dann sogar in eine Depression münden kann. Emotional zeigen sich Gefühle wie Ausgrenzung, Enttäuschung, Verletzung oder Angst. Diese Symptome können sich psychisch, aber auch körperlich äußern:
- Anspannung
- Nervosität
- Unsicherheit
- Unruhe
- Herzrasen
- Beklemmung
- Schwindel
- Schlafstörung
Nicht selten sind diese körperlichen Symptome Anzeichen einer depressiven Verstimmung oder gar einer Depression.
Tipps, wie du dich weniger alleine fühlst
- Gleichgesinnte Menschen: Nichts verbindet stärker als Menschen mit ähnlichen Hobbys und Leidenschaften. Misch dich unter Leute, die beispielsweise genau so gerne spielen, kochen, zocken oder auch nur spazieren gehen wie du. Dabei findest du schnell Freunde. Artikel im Netz zu Depression und chronischer Einsamkeit können dir dabei helfen, die eigenen Gefühle besser zu verstehen.
- Bewegung: Ganz wichtig sind körperliche Aktivitäten. Sport lässt Endorphine fließen und kann daher nachweislich bei Depression helfen. Egal ob Joggen oder Fitnessstudio und Co.: Sportliche Aktivitäten sind ein guter Ausgangspunkt, um andere mit gleichen Interessen zu treffen.
- Meditation: Spiritualität und Glaube können dir helfen, besser mit schwierigen Situationen zurechtzukommen.
- Vertrauensperson: Finde jemanden, mit dem du offen über deine Gefühle sprechen kannst. Deine beste Freundin, dein bester Freund, hört dir bestimmt zu. Ein gutes Gespräch mit einem lieben Menschen kann dir helfen, die innere Leere zu überwinden und dein Selbstwertgefühl wieder aufzupeppen.
Was kann ich tun, wenn sich andere alleine fühlen?
Wer selbst nicht davon betroffen ist, sollte besonders auf seine Mitmenschen achten, die allein sind und womöglich unter der Isolierung leiden. Das kannst du für andere tun, die besonders jetzt vom Alleinsein betroffen sind:
- Egal ob digital über Nachrichtendienste oder durch einen Anruf. Nimm Kontakt zu der Person auf und frage einfach, wie es ihm/ihr gerade geht! Niemand gibt gerne zu, dass er sich einsam fühlt. Die meisten Menschen sind aber dankbar, wenn sie einfach merken, dass sich jemand um sie kümmert.
- Wenn du dich selbst im Gespräch unwohl fühlst, sage es deinem Gegenüber! Möglicherweise reagiert er/sie erleichtert, weil er/sie ähnliche Gefühle hat.
- Biete Unterstützung an! Dabei muss es nicht immer gleich der direkte Kontakt sein. Regelmäßige Telefonate oder Nachrichten können helfen, das Gefühl des Alleinseins zu überwinden.
- Leidet eine Person stark unter diesen Gefühlen und scheint dadurch bereits auf dem Weg in eine Depression zu sein, vermittle professionelle Hilfe! Menschen, die psychisch bereits stark beeinträchtigt sind, fehlt oft die Kraft, sich selbst Hilfe zu holen.
Wann brauchst du professionelle Hilfe?
Psychische Probleme treffen Menschen quer durch alle Gesellschaftsschichten. Eine akute Krise führt dazu, dass Betroffene ihre innere Balance verlieren und sich hilflos fühlen. Gefühle wie Hilflosigkeit, Wut und Trauer, aber auch die Einsamkeit treten vor allem in Krisenzeiten vermehrt auf.
Wenn du Symptome wie Lustlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, eine gedrückte Stimmung oder sogar Panik verspürst, können das Anzeichen für eine Depression sein. Die Depression verstärkt das Gefühl des Alleinseins für die meisten Menschen noch mehr. Dann ist es sinnvoll, wenn du dir professionelle Hilfe holst. Vor allem dann, wenn eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung (Aggression, Suizidgedanken, usw.) droht, sollte man sich umgehend an die zuständigen Stellen wenden. Als erste Anlaufstelle gilt hier oft der Hausarzt, aber auch die Telefonseelsorge oder spezielle Netzwerke gegen Einsamkeit, die du im Internet findest. Dort wird dir sofort geholfen.