Hilfe anzunehmen, das fällt vielen Menschen sehr schwer. Aber warum ist das eigentlich so? Und was kann man dagegen tun? Diesen Fragen sind wir für dich nachgegangen und haben die besten Tipps für dich gesammelt, mit denen du Unterstützung von Mensch zu Mensch annehmen kannst.
Hilfe annehmen können: Warum ist das so schwierig?
Manchen Personen fällt es extrem schwer, Unterstützung zuzulassen. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben:
- Die Angst vor Ablehnung ist ein möglicher Grund. Es wäre schließlich sehr unangenehm, um Hilfe zu bitten und diese dann nicht zu bekommen.
- Manchmal wird Hilfsbedürftigkeit auch als Schwäche wahrgenommen. Wir wollen gerne alles alleine schaffen.
- Oft hört man auch, die Betroffenen wollten anderen ja nicht zur Last fallen.
- Und auch die Angst vor Abhängigkeit kann eine Rolle spielen. Stehen wir nicht in der Schuld anderer, wenn diese uns geholfen haben? Verlieren wir dadurch unsere Selbstständigkeit?
- Vielleicht bist du es auch einfach so gewöhnt, dass du mit allen Problemen selbst zurechtkommen musstest. Dann fällt es schwer, dieses Verhalten zu ändern.
- Hin und wieder kommt es auch vor, dass Betroffene ihr Problem verleugnen und deshalb Hilfe ablehnen. Das ist vor allem bei Alkoholismus und anderen Süchten der Fall, kommt aber zum Beispiel auch bei Depressionen und anderen Erkrankungen vor.
Unangenehme Gefühle sind also der entscheidende Faktor. Die meisten helfen gerne anderen Menschen, aber es fällt ihnen schwer, selbst einmal um Hilfe zu bitten. Die Forschung hat festgestellt: Andere zu unterstützen setzt Glücksgefühle frei. Hilfe in Anspruch zu nehmen, fühlt sich dagegen oft nicht gut an. Eigentlich ist das aber seltsam: Wenn Helfen anderen Menschen guttut, warum lassen wir ihnen dann nicht diese Freude?
Keine Hilfe annehmen: Das sind die Probleme
Nun könnte man ja sagen, jeder Mensch entscheidet selbst, wie viel Hilfe sie oder er annehmen möchte. Und das stimmt natürlich auch bis zu einem gewissen Grad. Trotzdem hat es Folgen, auf Hilfe zu verzichten, und zwar sowohl für dich als auch für andere Menschen.
Es kann zum Beispiel passieren, dass du so lange versuchst, alleine klarzukommen, bis etwas gar nicht mehr funktioniert. Bis du krank wirst, einen Burnout bekommst, Schulden anhäufst oder Beziehungen in die Brüche gegangen sind. Dann wird es noch schwieriger, dir zu helfen und Hilfe anzunehmen. Wenn du rechtzeitig um Unterstützung bittest, lassen sich viele Situationen noch problemlos klären, bevor sie eskalieren.
Auf Hilfe zu verzichten, obwohl du sie nötig hättest, das bedeutet sehr häufig Leid. Du verharrst dann in einer Situation, die sich durch Unterstützung vielleicht verbessern ließe. Selbst wenn es nicht zur großen Eskalation kommt, ist das extrem schade. Du verzichtest damit auf Zufriedenheit, Gesundheit und Lebensfreude.
Für Angehörige und Freunde kann es sehr schwer sein, mitanzusehen, wie jemand leidet. Mit anzupacken wäre für sie oft sehr viel leichter, als nichts tun zu können. Sie fühlen sich oft auch abgelehnt, wenn ihre Hilfsangebote immer wieder ausgeschlagen werden. Im schlimmsten Fall können Freundschaften und andere Beziehungen daran zerbrechen.
Hast du Kinder? Auch für sie kann es ein Problem werden, wenn du dir nie helfen lässt. Kinder lernen viel durch das Verhalten. Sie könnten sich also abschauen, dass es nicht in Ordnung ist, Hilfe zuzulassen. Das kann in ihrem späteren Leben zu Schwierigkeiten führen.
So kannst du lernen, Hilfe anzunehmen
Wenn es dir sehr schwerfällt, die Unterstützung von anderen Menschen zunehmen, dann helfen dir vielleicht diese Tipps:
Hilfe annehmen fördert Beziehungen
Wer Hilfe nicht annehmen kann, hat oft Sorgen, anderen zur Last zu fallen oder in Abhängigkeit zu geraten. Dabei ist häufig das Gegenteil der Fall. Menschen sind gesellige Wesen, die erst in Gemeinschaft richtig stark werden. Viele helfen sehr gerne und freuen sich, wenn sie ihre Fähigkeiten einbringen können.
Wer Hilfe annimmt, macht oft die Erfahrung, dass sich dadurch Freundschaften und andere Beziehungen intensivieren. Man rückt enger zusammen, öffnet sich einander und lässt auch vermeintliche Schwäche zu. Das tut Beziehungen gut.
Du kannst also versuchen, Hilfe von Mensch zu Mensch als etwas völlig Normales zu sehen, das in Gemeinschaften ganz selbstverständlich vorkommt. Dann verliert es ein Stück weit den Schrecken.
Hilfe annehmen kann man üben
Viele Menschen warten so lange wie möglich, bis sie um Hilfe bitten oder angebotene Hilfe akzeptieren. Das ist aber kontraproduktiv, schließlich handelt es sich dann oft gleich um größere Probleme und schwierigere Interventionen.
Sehr viel leichter ist es, wenn du im Kleinen um Hilfe bittest:
- Dein Nachbar geht gerade einkaufen? Frage ihn, ob er dir vielleicht einen Liter Milch mitbringen könnte!
- Du weißt nicht genau, wie das neue Computerprogramm funktioniert? Bitte eine erfahrene Kollegin darum, es dir noch einmal kurz zu zeigen!
- Eine Freundin war schon öfter im Fitnessstudio, in dem du dich gerade neu angemeldet hast? Frage sie, ob sie dir alles zeigen würde!
Mit solchen kleinen Unterstützungen kannst du üben, Hilfe anzunehmen. Klar, dass du dich auch revanchierst, wenn es möglich ist.
Wo fällt es dir leichter, Hilfe anzunehmen?
Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, für Unterstützung zu sorgen. Manchen Menschen fällt es leichter, sich von engen Vertrauten helfen zu lassen. Andere suchen lieber Profis auf, zum Beispiel Therapeuten, Beratungsstellen, bestimmte Vereine oder auch nur Umzugsunternehmen. Beides ist völlig in Ordnung. Finde für dich heraus, was dir mehr liegt, und plane deine Hilfe dann entsprechend!
Ein Beispiel: Vielleicht ist dir in der letzten Zeit der Haushalt über den Kopf gewachsen und du könntest Unterstützung dabei gebrauchen, ihn wieder in Ordnung zu bringen? Dann könntest du entweder eine enge Vertrauensperson bitten, dir zu helfen. Oder du könntest ein Reinigungsunternehmen beauftragen, dir unter die Arme zu greifen. Vielleicht wäre sogar ein Aufräumcoach sinnvoll? Bei welcher Variante fühlst du dich am wohlsten? Nutze dann genau diese Möglichkeit.
Lerne Vertrauen, aber sei nicht völlig unbesorgt
Manchmal können Menschen deshalb keine Hilfe annehmen, weil sie anderen nicht weit genug vertrauen. Sie befürchten dann, dass diese sie ausnutzen, schlecht über sie reden oder das Angebot ablehnen könnten.
Die meisten Menschen sind nicht so, sondern unterstützen dich gerne, wenn sie können. Damit du gute Erfahrungen machst, ist es wichtig, genau solche Leute nach Hilfe zu fragen. Überlege dir deshalb: Welchen Menschen in meinem Umfeld vertraue ich weit genug? Wähle für die ersten Versuche Menschen aus, bei denen du sicher bist, dass sie dich gut behandeln und nicht ausnutzen! Vertraue dabei deinem Gefühl und deinen Beobachtungen! Wer spricht nicht negativ über andere, tut dir gut und hat vielleicht sogar schon einmal Unterstützung angeboten? Solche Personen werden sicher auch mit deiner Bitte um Hilfe gut umgehen.
Probiere es vorsichtig aus und lerne so, wieder Vertrauen zu fassen! Wenn du dir unsicher bist, kannst du zunächst auch mal ganz theoretisch fragen: "Könntest du dir vorstellen, mal mein Kind mit zum Kindergarten zu nehmen, wenn ich Frühdienst habe?" Die Reaktion hilft dir zu entscheiden, ob du diese Bitte dann tatsächlich aussprechen willst oder lieber nicht.