Was machen Menschen bloß aus ihren Beziehungen? Sie leiden oftmals so sehr darunter, sodass sie nichts lieber täten, als wegzulaufen, wenn ihnen das nur möglich wäre. Sie machen ihre Kompromisse und begnügen sich mit trockenem Brot. Sie nehmen Einschränkungen, Demütigungen und täglichen Stress und Streit auf sich. Aber sie bleiben.
Zum Beispiel eine Frau, welche wegen ihrer finanziellen Sicherheit beim Mann bleibt, obwohl er sie in ihrer Freiheit einschränkt. Chronische Spannungen sind ihr Alltagsschatten. Sie weiß ganz genau, wie er reagieren wird, wenn sie ein bestimmtes Thema anspricht. Sie erkennt das schon an seiner Körpersprache und er kennt die ihre. Die Sanktionen werden über den Körper bereits erkennbar angedroht. Die Muster sind festgelegt, die Konflikte schwelen. Statt Liebe regiert das Gleichgewicht des Frustes.
Die Liebe zwischen ihnen wird immer kleiner und eines Tages fragen sie sich, ob sie einander überhaupt jemals geliebt haben. Unter solchen Umständen schmilzt Liebe wie Schnee im Frühling. Die Kinder lernen dadurch, dass Beziehungen nur schwierig sind, sie geraten in Kämpfe, für die sie nicht gerüstet sind, ihr Inneres leidet und trägt oftmals die Last der Eltern in Form von psychosomatischen Krankheiten.
Sexualität als Maßstab für die Qualität der Beziehung
Sexualität ist eine Kraftquelle ersten Ranges, eine Energetisierung des gesamten Systems, ein tief beglückendes Einheitserlebnis, welches die Bindung der Partner nähren kann. Doch eine befriedigende sexuelle Begegnung kann schon durch geringste Spannungen verhindert werden, denn sexuelle Potenz ist ein Seismograph für psychische Spannungen. Schon ein sanftes emotionales Vorbeben verhindert eine erotische Begegnung.
Deshalb ist das Fehlen von Sexualität in spannungsgeladenen Beziehungen die logische Konsequenz, eine körperliche Entfremdung der Partner ist die unausweichliche Folge. Symbolhandlungen wie der Routinekuss, bleiben dann als letztes Relikt einer ehemals blühenden körpernahen und beglückenden Zweierbeziehung übrig. So wird unendlich viel Verzicht geleistet. Das Schlimmste ist, diese Entfernung schleicht sich auf Taubenfüßchen mit den Jahren ein, sodass man oft gar kein Bedürfnis mehr nach Sex hat und meint, man sei darüber schon längst hinweg. Der erste Seitensprung beweist dann meist das Gegenteil: einen libidinösen Stau, der sich nun endlich zeigt und beweist, dass man doch noch am Leben ist.
Warum ist Veränderung so schwierig?
Das Paar hat inzwischen jede Strahlkraft verloren und engt sich wechselseitig ein. Die Paarbeziehung als Quelle von Lebendigkeit, Kraft, Freude und Liebe ist zur Fußfessel geworden, zur Quelle von Schmerz und Sorge.
Was bleibt ist Resignation oder die Hoffnung, es doch noch aussitzen zu können oder darauf, dass sich doch noch etwas ändern wird. Aber auf das „es“ kannst du ewig warten, das „es“ gibt es nur in der Illusion der Hoffnung.
Die Lösung: Mindestens einer der beiden Beteiligten muss beginnen, sein Bewusstsein konkret zu verändern. Doch wer wird damit beginnen, etwas zu verändern? Er oder sie? Jener Partner, der in größerer Not ist? Der mehr Einsicht hat? Dem das Wasser schon bis zum Hals steht? Jener der/die mehr liebt? Oder mehr Wertschätzung für die Beziehung hat?
Was bedeutet „verändern“ eigentlich? Beide glauben doch schon wirklich alles versucht zu haben, das Beste für eine Versöhnung gegeben zu haben. Jeder von beiden ist überzeugt, den richtigen Standpunkt zu vertreten, ohnehin kompromissbereit und versöhnlich zu sein. Er meint obendrein noch, dass sich doch der andere Partner ändern solle, denn man sei doch selbst nicht schuld am Debakel.
Ehrlich, da geht nichts mehr, wenn es an Wissen, Erkenntnis und an Selbstreflexionsvermögen fehlt. Es braucht wenigstens eine Basisausstattung des Bewusstseins für das Beziehungsleben. Wenn man in dieser Welt für nahezu jede Qualifizierung eine Ausbildung mit Prüfung braucht, z. B. ein Manual mit 20 Seiten um einen schlichten Handmixer in Betrieb zu nehmen… was braucht man dann erst für eine so sensible Sache wie es eine Zweierbeziehung ist?
Im Ernst, wo lernt man etwas über Partnerschaft? Nur durch das Vorleben der Eltern. Wenn jede zweite Ehe in Österreich geschieden wird, was lernen Kinder dann wohl über erfolgreiche Dauerbeziehungen?
Jeder denkt dann vor dem Traualtar stehend, er/sie würde es doch bestimmt besser machen als alle anderen zuvor. Was soll anders werden, wenn am Ende zwei Menschen, die sich selbst nur unzureichend kennen, heiraten? Leider gibt es in unserer Kultur keine Schulung über psychische Gesetze der Partnerschaft, über Selbstreflexion, über die Geheimnisse langlebiger Beziehungen, über Erziehung, über den verborgenen Sinn der Partnerschaft, über die innewohnende Lernaufgabe und die Wachstumschancen, die sich daraus ergeben. Stattdessen läuft man mit verbundenen Augen in den Beziehungs-Dschungel. Es bleibt in Beziehungen seit Menschengedenken leider immer noch beim Prinzip „Versuch und Irrtum“. Aber das ist kein Naturgesetz sondern das Ergebnis unbewussten und unwissenden Handelns zum einen und eines Mangels an positiven Vorbildern zum andern.
Die Folgen sind unabsehbar: Ängste, Frust und Wut, Selbst- oder Fremdunterdrückung, Sorgen und Spannungen knabbern an deinem Nervengeflecht. Körpersymptome wie Schlafstörungen, Muskelverspannungen oder andere Krankheiten inklusive Arztrechnungen und Krankenhausaufenthalten, Kinder mit Lernstörungen und Verhaltensauffälligkeiten sind nur die ersten Folgen.
Als Profis sehen wir, dass diese Menschen in ihrer inneren Entwicklung feststecken. Sie kennen und machen deshalb ihre Hausaufgaben, derentwegen sie einander gesucht und gefunden haben, nicht. Folglich drehen sie sich im Kreis, egal ob sie aus der Beziehung ausbrechen oder nicht. Der spezifische Sinn der eigenen Beziehung ist ihnen nicht bewusst und viele Leerkilometer werden gemacht, so lange und oft mit wechselnden anderen Partnern, bis die Aufgabe endlich erkannt und bewältigt ist.
Was tun, um deine Partnerschaft zu retten?
Wenn zwei Menschen bis zum Hals im Moor versunken sind, was ist zu tun? Keiner hat festen Boden unter sich, keiner kann sich oder dem anderen helfen. Eine kosmetische Behandlung oder schöne Begleitmusik hilft da nicht weiter. Auch nicht Verdrängung und Ablenkung.
Es braucht Experten für eine gute Lösung, eine Anleitung zum Glücklichsein, eine Art Führerschein für Beziehungen, Coaching oder ein Training, in welchem all das gelehrt wird, was Menschen hilft, das Beste aus ihrer Liebesbeziehung zu gewinnen und miteinander in Liebe zu wachsen. Wir sind doch alle hier um eine bessere Version von uns selbst zu werden, ein vollkommenerer Mensch, der noch liebesfähiger ist als jemals zuvor. Für uns selbst, unsere Lieben und für eine bessere Welt, denn jeder von uns ist ein Vorbild für alle anderen. Diesen Anspruch musst du an dich haben, sonst kommst du nicht aus dem Moor.
Experten gibt es ja, die kennen alle möglichen Lösungen, aber warum Hilfe suchen, sagen sich viele, wenn es noch irgendwie im Moor auszuhalten ist? Nach meiner Erfahrung ist die Inanspruchnahme von Coaching für viele gleichbedeutend mit dem Eingeständnis einer persönlichen Niederlage, denn wenn es alle schaffen, irgendwie in einer Partnerschaft zu leben, wird fremde Hilfe geradezu als demütigend erlebt. Wir sind aber nicht geboren, um einschränkenden Minimalismus in Fußfesseln zu leben, im Gegenteil, es ist unser aller Lebensrecht vollkommen glücklich zu sein, auch und vor allem in der Liebe.
Autoren: Andrea und Herbert Mikisch