Probleme mit der Schilddrüse sind nicht immer leicht zu entdecken. Die Symptome sind häufig so diffus, dass Betroffene erst spät zum Arzt gehen. Haarausfall ist eines dieser Symptome, das bei Schilddrüsenunterfunktion oder -überfunktion auftreten kann. In diesem Artikel und in der dazugehörigen Podcastfolge erklären wir dir, welche Zusammenhänge es zwischen der Schilddrüse und dem Haarverlust gibt und was du dagegen tun kannst.
Inhalt:
- Wieso kann die Schilddrüse für Haarausfall verantwortlich sein?
- Woran erkennt man die Schilddrüse als Ursache für Haarausfall?
- Wann sollte man mit Haarausfall zum Arzt gehen?
- Was tun gegen Haarausfall durch die Schilddrüse?
- Wie behandelt man eine Hypothyreose oder Hyperthyreose?
- So unterstützt du deine Schilddrüse
- Weitere Informationen im Forum Schilddrüse
Wieso kann die Schilddrüse für Haarausfall verantwortlich sein?
Univ.-Prof. Dr. med. Joachim Feldkamp, Direktor der Universitätsklinik für Endokrinologie und Diabetologie, Allgemeine Innere Medizin, Infektiologie am Klinikum Bielefeld und Sprecher des Forum Schilddrüse, erklärt die Zusammenhänge zwischen Haarausfall und der Schilddrüse: "Die Haarfollikel sind auf Schilddrüsenhormone angewiesen, und zwar auf das richtige Maß davon. Die Hormone regulieren zum Beispiel die Mitochondrien in den Follikelzellen, also die Teile der Zelle, die für die Energieversorgung zuständig sind. Außerdem stimulieren die Schilddrüsenhormone die Keratinbildung und damit auch das Wachstum der Haare." Wenn zu viele oder zu wenige Hormone auf die Haarwurzelzellen treffen, können diese bei ihrer Arbeit beeinträchtigt werden.
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) kommt es durch zu viele Schilddrüsenhormone zu einem beschleunigten Stoffwechsel. Das macht sich auch an den Haarwurzelzellen bemerkbar. Vorübergehend kommt es hier zu einer Wachstumsbeschleunigung. Dadurch erschöpfen die Haarfollikel jedoch schnell und die Haarwuchsphase wird unterbrochen. Das führt dazu, dass das Haar vor seiner Zeit ausfällt.
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) wird das Haarwachstum dagegen verlangsamt, weil nicht genügend Hormone bei den Haarwurzelzellen ankommen. Das Haar wird brüchig und spröde, es wächst langsamer und schließlich kommt es zum Haarausfall.
Woran erkennt man die Schilddrüse als Ursache für Haarausfall?
"Fast immer kommen weitere Symptome zum Haarausfall hinzu, wenn die Schilddrüse erkrankt ist", betont Prof. Dr. Feldkamp.
Typisch für eine Überfunktion sind generell beschleunigte Stoffwechselfunktionen. Es kommt dann zum Beispiel zu Durchfall, Herzklopfen, Gewichtsabnahme bei gutem Appetit, Nervosität und Schlafschwierigkeiten. Der Haarausfall bei einer Hyperthyreose ist über den ganzen Kopf verbreitet. Die Haare werden insgesamt dünner und schwächer. Sehr auffällig im Vergleich zu anderen Haarausfällen: Auch das Achselhaar fällt bei einer Schilddrüsenüberfunktion vermehrt aus.
Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse ist der Stoffwechsel des Körpers dagegen verlangsamt. Es kommt zu Müdigkeit, depressiven Verstimmungen, Gewichtszunahmen, vermehrtem Frieren und Verstopfung. Der Haarausfall bei einer Hypothyreose geht oft mit brüchigem und stumpfem Haar einher. Bei einer starken Schilddrüsenunterfunktion können auch die Augenbrauen ausdünnen, vor allem außen an den Seiten.
Wann sollte man mit Haarausfall zum Arzt gehen?
Dass eine gewisse Menge an Haaren ausfällt, ist ganz normal. Auch Schwankungen in der Menge kommen häufig vor. Sie hängen zum Beispiel mit der Ernährung, mit Stress, Hormonschwankungen oder anderen Ursachen zusammen. Du musst deshalb nicht sofort hellhörig werden, wenn einmal ein paar Haare mehr ausgehen als sonst.
Wenn der Haarausfall jedoch über Wochen anhält und womöglich weitere Beschwerden hinzukommen, solltest du einen Termin beim Hausarzt vereinbaren. Sprich dort deine Vermutung an, dass womöglich die Schilddrüse eine Ursache sein könnte! Mit einem einfachen Bluttest lassen sich Schilddrüsenüberfunktionen und -unterfunktionen recht zuverlässig erkennen.
Wichtig zu wissen: Der Haarausfall tritt bei Schilddrüsenerkrankungen (und auch bei anderen Ursachen) nicht sofort auf. Zunächst werden die Haare aus der Wachstumsphase in die Ruhephase versetzt, in der sie mehrere Wochen bleiben. Erst dann fallen sie aus. Wenn der Haarausfall auftritt, liegt der Beginn der Probleme oft schon mehrere Monate in der Vergangenheit. Deshalb ist es umso wichtiger, den Schwierigkeiten auf den Grund zu gehen und sie zu beseitigen.
Was tun gegen Haarausfall durch die Schilddrüse?
Prof. Dr. Feldkamp beruhigt im Podcast Betroffene: "Das Problem mit dem Haarausfall ist in den meisten Fällen nicht von Dauer. Wenn die Schilddrüsenüberfunktion oder -unterfunktion erkannt und behandelt wird, dann normalisiert sich auch das Haarwachstum wieder." Ausgefallene Haare wachsen also nach einer gewissen Zeit nach.
Etwas Geduld musst du allerdings mitbringen. Wie schon erklärt, reagieren die Haare erst verzögert. Es kann also sein, dass sich das Problem zunächst fortsetzt, auch wenn die Behandlung der Schilddrüsenerkrankung schon begonnen hat. Ein Haar, das seine Wachstumsphase beendet hat, fällt dann mit Verzögerung aus, selbst wenn die Ursache schon beseitigt ist. Sei also nicht beunruhigt, wenn du den Haarausfall nicht sofort stoppen kannst! Durch die Behandlung der Erkrankung wächst bald auch deine Haarpracht wieder nach.
Wie behandelt man eine Hypothyreose oder Hyperthyreose?
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) setzt man üblicherweise Medikamente ein, die die fehlenden Hormone ersetzen. Die Dosierung ist individuell sehr unterschiedlich. Gemeinsam mit deinem Arzt tastest du dich langsam an die richtige Dosis der Medikamente heran. Etwa einmal im Jahr sollte eine Kontrolluntersuchung stattfinden, um zu überprüfen, ob die Medikamente noch stimmen. Sie sollten so eingestellt sein, dass du dich wohlfühlst und die Laborwerte in Ordnung sind. Üblicherweise müssen die Tabletten bei einer Schilddrüsenunterfunktion lebenslang eingenommen werden. Die meisten Patientinnen und Patienten vertragen sie aber sehr gut.
Bei der Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) hängt die Behandlung von der Ursache ab. Die Immunkrankheit Morbus Basedow und die sogenannten Schilddrüsenautonomien sind die häufigsten Ursachen. Zu Beginn der Erkrankung helfen Medikamente meist sehr gut, um die Produktion der Schilddrüsenhormone zu hemmen. Wenn dies nicht ausreicht, kommt auch eine Operation oder die Radiojodtherapie infrage. Mit diesen Methoden schaltet man das erkrankte Gewebe der Schilddrüse aus, das für die Schilddrüsenüberfunktion verantwortlich ist.
Bei beiden Erkrankungen der Schilddrüse geht es darum, die Hormonproduktion wieder in ein gesundes Gleichgewicht zu bekommen. Dadurch verschwinden die Symptome oder reduzieren sich zumindest deutlich.
So unterstützt du deine Schilddrüse
Prof. Dr. Feldkamp gibt im Podcast wichtige Tipps, mit denen du die Gesundheit der Schilddrüse (und damit in der Folge auch deines Haares) unterstützen kannst:
Besonders wichtig ist genügend Jod. Ohne Jod kann die Schilddrüse keine Hormone produzieren. Achte deshalb darauf, dass du eine jodhaltige Ernährung zu dir nimmst! Das gelingt zum Beispiel, indem du jodiertes Speisesalz verwendest und regelmäßig Seefisch verzehrst.
Ein weiterer wichtiger Tipp: Du solltest auf das Rauchen verzichten. Nikotin schadet der Schilddrüse und kann mitverantwortlich für unterschiedliche Erkrankungen sein. Wenn du Raucherin oder Raucher bist, solltest du deshalb ernsthaft versuchen, dieses Laster aufzugeben.
Außerdem hilfst du der Schilddrüse natürlich, wenn du dich gesund ernährst und regelmäßig bewegst. Wenn du starkes Übergewicht hast, solltest du versuchen, dieses abzubauen.
Weitere Informationen im Forum Schilddrüse
Wenn du mehr über das unterschätzte Organ Schilddrüse wissen möchtest, solltest du unbedingt im Forum Schilddrüse vorbeischauen. Dort findest du ausführliche und gut verständliche Erklärungen rund um die Aufgaben der Schilddrüse und mögliche Erkrankungen. Hier kannst du noch genauer nachlesen, welche Symptome neben dem Haarverlust auf eine Schilddrüsenunterfunktion oder -überfunktion hinweisen könnten. Und du erfährst, welche Ursachen zu Fehlfunktionen und Erkrankungen der Schilddrüse führen können.
Auch der Behandlung und vielen weiteren Themen widmet sich das Forum Schilddrüse. Besonders praktisch: Du kannst regelmäßig Expertensprechstunden nutzen und dort deine ganz konkreten und individuellen Fragen loswerden. Nutze diese Möglichkeit und informiere dich über die Schilddrüsengesundheit! Dein Körper wird es dir danken.