Ob auf der Alm, im Kurhaus oder in der Apotheke – TEM, traditionelle Europäische Medizin, begegnet uns immer öfter. Wie die chinesische Medizin mit ihrer Akupunktur oder das indische Ayurveda mit den Doshas sieht auch die Medizin aus Europa den Menschen als Einheit von Geist, Körper und Seele an. Dieser ganzheitliche Ansatz wird mit altem Wissen der Kräuterheilkunde und einer genauen Analyse des Patienten und seiner Konstitution kombiniert. Wir verraten, was sich genau hinter dem Kürzel TEM verbirgt.
Was ist Traditionelle Europäische Medizin?
Ähnlich wie TCM, die traditionelle chinesische Medizin, oder Ayurveda, die Lehre des gesunden Lebens aus Indien, teilt die Traditionelle Europäische Medizin Menschen in Archetypen ein und orientiert sich an den menschlichen Körpersäften. Die TEM ist ein weites Feld und reicht von Aderlass, Schröpfen, Klostermedizin, Phytotherapie, Wasseranwendungen bis zu Spezialmassagen. In der TEM findet man überdies Überschneidungen mit Homöopathie, Aromatherapie und Bachblütentherapie.
Es existiert sogar eine europäische Bewegungsform, die dem indischen Yoga ähnelt. Beim Wyda, dem Druidenyoga, werden mit fließenden Bewegungen und Energietönen Geist und Körper miteinander in Einklang gebracht.
Wurzeln und Wirken der Europäischen Naturheilkunde
Hippokrates von Kos gilt als der Vater der modernen Medizin und der Vier-Säfte-Lehre. Seine Erkenntnisse bilden das Grundgerüst für die Traditionelle Europäische Medizin. Paracelsus, Hildegard von Bingen und Sebastian Kneipp orientierten sich in ihren Lehren ebenfalls daran.
Das sehr alte Wissen über die Körperfunktionen und die Erhaltung der Gesundheit setzt vor allem Heilpflanzen ein, die im europäischen Raum vorkommen. Diese Pflanzen atmen dieselbe Luft wie wir, trinken das gleiche Wasser und wachsen aus der Erde, auf der wir gehen. Wir können mit diesen Stoffen einfach besser umgehen, weil wir sie kennen und in ähnlichen Verhältnissen leben. Das klingt nicht nur logisch – es verkleinert auch unseren ökologischen Fußabdruck, wenn wir unsere Blicke auf die heilenden Substanzen vor unserer Haustüre lenken, anstatt exotische Pflanzen einzufliegen.
Vier Säfte - vier Archetypen
Modernen Zivilisationsbeschwerden wie Burn Out, Schlafstörungen, Stress oder Allergien werden nicht häufig als Ergänzung zur Schulmedizin mit altbewährten Mitteln wie Haferstrohtinktur oder den als "natürliches Cortison" bekannten Johannisbeeren begegnet. Dies sollte man jedoch ändern, da die alternative Heilmedizin sich sehr gut mit Schulmedizin kombinieren lässt.
Die TEM teilt den Menschen wie im Ayurveda in vier Archetypen ein. Jedes Kind kennt
- den quirligen Sanguiniker,
- den gemütlichen Phlegmatiker,
- den nachdenklichen Melancholiker und
- den aufbrausenden Choleriker.
Je nach Ausprägung und Veranlagung verlangt jeder Typ nach einer anderen Therapie oder Behandlung. Ein weiterer wichtiger Teil der TEM ist die Vier-Säfte-Lehre. Sie ordnet die Elemente Körperflüssigkeiten und Organen zu:
- Luft: Blut (Sanguis), Herz
- Wasser: Schleim (Phlegma), Gehirn
- Erde: schwarze Galle (Melancholera), Milz
- Feuer: gelbe Galle (Cholera), Leber
Ziel ist es, die Säfte in Balance zu halten. Krankheiten und Beschwerden sind die Folge von Dysbalancen unserer Säfte. Flüssigkeiten sind auch in der Therapie und Behandlung von Beschwerden wichtig. Pflanzen werden beispielsweise als "Urtinktur", alkoholischer Auszug der frischen Pflanze, oder als Gemmomazerat, Extrakt aus den Zweigknospen, angewandt. In der Stein-Heilkunde (Lithotherapie) arbeitet man mit alkoholischen Zubereitungen der unterschiedlichsten Gesteine. Verabreicht man die Wirkstoffe von Heilpflanzen oder Steinen in Form von Flüssigkeiten, können diese vom Körper besser aufgenommen werden. Zusätzlich wird über die Schleimhäute der Geschmack als Information in die Zellen weitergegeben. Die Dosierung kann mit Tropfen leicht angepasst werden.
Den Blick aufs Ganze richten - das Prinzip der traditionellen europäischen Medizin
Ähnlich wie ihre asiatischen Verwandten, der indischen und chinesischen Medizin, sieht die Traditionelle Europäische Medizin den Menschen als Ganzes an. Physis, Gewohnheiten, mentale Stärken und Neigungen werden im Gesamtbild betrachtet. Die TEM versucht nicht nur Symptome zu behandeln, sondern begibt sich auf die Suche nach der Ursache. Krankheit wird als aus den Fugen geratenes Gleichgewicht gesehen, das wieder hergestellt werden soll.
Die Gründe dafür können sowohl körperlicher als auch psychischer Natur sein. Damit die Körpersäfte fließen können und wir uns selbst gut gegen Erreger und Störungen von außen schützen können, wird sehr viel Wert auf einen sorgfältigen Lebensstil und vor allem viel Bewegung gelegt.