Stress ist für viele von uns zu einem täglichen Begleiter geworden, sei es im Job oder in unserem familiären Alltag. Das hat verheerende Folgen für unser Wohlbefinden. Bewusst zu atmen kann dir helfen, den Körper und Geist wieder zu entspannen. Wir verraten dir, wie das funktioniert und was die besten Atemübungen gegen Stress, Angst und Anspannung sind.
Wie verändert sich unser Atem bei Stress und was bringen Atemübungen?
Atmen ist lebensnotwendig. Mit der Einatmung nehmen wir unser Lebenselixier Sauerstoff auf und mit der Ausatmung stoßen wir Kohlendioxid aus. Unsere Atmung wird, genauso wie viele andere Prozesse im Körper, über das vegetative Nervensystem gesteuert. Sie geschieht vollkommen automatisch und ohne, dass wir uns darüber bewusst sind.
Da wir selten bewusst atmen, nehmen wir auch nicht wahr, wie sich unser Atem bei Stress und Anspannung verändert: Die Atmung wird zunehmend kürzer und flacher. Das heißt, anstatt einer tiefen Vollatmung bis in den Bauchraum, atmen wir nur in die Schultern oder Flanken. Dabei nehmen wir viel weniger Sauerstoff auf, als unser Körper eigentlich benötigt. Die möglichen Folgen sind Müdigkeit und Konzentrationsstörungen und eine zusätzliche Ausschüttung von Stresshormonen, die eine Entspannung unmöglich machen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Körperfunktionen können wir lernen, unsere Atmung zu beeinflussen. Atemübungen können dir dabei helfen, wieder zu einer bewussten und tiefen Atmung und zu mehr Entspannung zu finden. So kannst du deinen Geist nicht nur bei akuten Situationen von Stress und Angst, wie Prüfungen, beruhigen, sondern auch im Alltag zu mehr Ruhe, Gelassenheit und Wohlbefinden gelangen. Mit der richtigen Atmung kannst du nicht nur Stress reduzieren, sondern auch deinen kompletten Organismus stärken, insbesondere dein Immunsystem und deine Resilienz und neue Energie bekommen.
Richtig atmen: Wie funktioniert das im Yoga?
Entscheidend für die Atemübungen gegen Stress ist die richtige Atemtechnik. In der indischen Lehre des Yoga wird diese als Pranayama bezeichnet. Atmen ist hier nicht bloß ein Wechselspiel zwischen Ein- und Ausatmen, sondern hat unterschiedliche Qualitäten, je nachdem, wohin wir die Luft schicken, die wir einatmen und in welchem Rhythmus wir atmen. Die beste Sauerstoffversorgung bekommst du mit einer tiefen Bauchatmung und der Vollatmung.
Eine bewusste Atmung läuft immer nach demselben Muster: Einatmen – kurze Atempause – Ausatmen – kurze Atempause. 5 – 1 – 5 – 1 ist ein einfacher und unkomplizierter Atemrhythmus zum Einstieg. Fünf Sekunden lang einatmen und eine Sekunde den Atem halten, dann fünf Sekunden lang ausatmen, eine Sekunde pausieren und wieder mit dem Einatmen beginnen.
Im Yoga wird vor allem über die Nase geatmet, du kannst aber auch über die Nase ein- und den Mund ausatmen, wenn es für dich angenehmer ist.
Du kannst die Atemübungen entweder im Sitzen oder im Liegen (auf einer Yogamatte) machen. Wichtig ist in jedem Fall ein gerader Rücken. Außerdem solltest du bequeme Kleidung tragen, die weit genug sitzt. Um die Übungen zu vertiefen, lohnt es sich, sie am Anfang zweimal täglich zu machen.
Die grundlegende Übung: Bauchatmung
Finde in eine bequeme Haltung mit aufgerichtetem und geradem Rücken!
- Lege eine Hand auf deinen unteren Bauch und eine auf die Rippen!
- Schließe deine Augen oder fixiere einen bestimmten Punkt im Raum, um dich besser konzentrieren zu können!
- Atme nun langsam und bewusst ein und stell dir in Gedanken vor, dass die Luft bis tief in deinen Bauchraum will! Dass es funktioniert, merkst du daran, dass dein Bauch sich leicht nach außen wölbt. Erst danach heben sich auch die Rippen leicht an, wenn die Luft in den Brustkorb strömt. Schultern und Nacken bleiben ganz entspannt und bewegen sich nicht.
- Mit der Ausatmung spürst du, wie die Luft vollständig aus deinem Körper weicht. Der Bauch sinkt und zieht sich leicht nach innen und auch der Brustkorb entspannt sich wieder.
Wenn dir 5-1-5-1 für den Beginn zu lang ist, kannst du auch mit drei Sekunden beginnen und dich dann langsam steigern. Wichtig ist nur, dass Ein- und Ausatmung gleich lang sind. Wiederhole die Bauchatmung am besten für mindestens zehn Atemzüge. Durch die tiefe und gleichmäßige Atmung sollen dein Blutdruck und deine Herzfrequenz sinken, die Muskulatur entspannt sich und du wirst dich schnell viel gelassener fühlen.
Die Wechselatmung: eine Atemtechnik für Gelassenheit und Konzentration
Ebenfalls aus dem Yoga stammt die Wechselatmung. Diese Übung ist perfekt für mehr innerer Ruhe, Ausgeglichenheit und Energie. Sie vereint beide Gehirnhälften und kann deine Aufmerksamkeit und Konzentration stärken. Mach die Übung am besten nicht vor dem Schlafengehen.
So funktioniert die Übung:
- Nimm zu Beginn einen tiefen Atemzug durch die Nase ein!
- Verschließe mit dem rechten Daumen deine rechte Nasenseite und atme durch das linke Nasenloch aus! Anschließend atmest du tief und langsam durch das linke Nasenloch ein.
- Lege nun deinen Ringfinger der rechten Hand auf die linke Nasenseite und atme durch das rechte Nasenloch aus!
Setze das Muster für ungefähr fünf Minuten fort! Nach der Hälfte der Zeit kannst du auch die Hand wechseln. Wenn die Koordination mit der Fingerbewegung und der Atmung gut läuft, kannst du zusätzlich noch den Atemrhythmus 5-1-7-1 anwenden.
Die 4-7-8 Atmung: der Stresskiller in akuten Situationen
Die Übung ist sehr einfach, schnell und effektiv. Du kannst sie überall machen, ohne, dass es auffallen wird. Diese Atmung ist perfekt für Momente geeignet, in denen du dich besonders gestresst fühlst. Sie eignet sich auch gut nach einem anstrengenden Arbeitstag, um die Anspannung loszuwerden und besser entspannen zu können. Du kannst sie auch direkt vor dem Schlafengehen für einen tiefen und erholsamen Schlaf machen.
So funktioniert die Übung:
- Atme zu Beginn komplett durch deinen Mund aus!
- Schließe den Mund und atme durch die Nase ein! Dabei zählst du in Gedanken bis 4.
- Halte nun die Luft für 7 Sekunden an!
- Abschließend atmest du vollständig durch den Mund aus und zählst dabei in Gedanken bis 8.
Wiederhole die Atmung noch drei Mal. Achte unbedingt darauf, dass dir nicht schwindelig wird oder du in Atemnot gerätst! Wenn dir 4-7-8 Sekunden am Anfang zu anstrengend sind, zähle einfach schneller. Wichtig ist nur, dass das Verhältnis weiterhin stimmt.